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Es gelang endlich dem Kapellmeister den halbträumenden Hilarius zu überzeugen, daß er nicht der Abt sondern Kreisler sei, und nun erfuhr er von ihm mit Mühe, daß man in der Nacht, von woher wisse er nicht, den Leichnam eines Fremden nach dem Kloster gebracht, den Bruder Cyprianus allein zu kennen scheine, und der kein gemeiner Mann gewesen sein müßte, da sich der Abt auf Cyprianus dringendes Gesuch dazu verstanden, die Exequien auf der Stelle zu halten, damit morgen nach der ersten Hora die Exportation erfolgen könne.
Kreisler folgte dem Pater in die Kirche, die nur sparsam beleuchtet einen seltsamen schauerlichen Anblick gewährte.
Man hatte nur die Kerzen des großen metallenen Kronleuchters, der vor dem Hochaltar von der hohen Decke herabhing, angezündet, so daß der flackernde Schein kaum das Schiff der Kirche vollkommen erhellte, in die Seitengänge aber nur geheimnisvolle Streiflichter warf, in denen die Statuen der Heiligen zum gespenstischen Leben erwacht, sich zu bewegen und daher zu schreiten schienen. Unter dem Kronleuchter in der hellsten Beleuchtung stand der offne Sarg, in dem der Leichnam lag, und die Mönche, die ihn umringten, schienen bleich und regungslos selbst Tote, in der Geisterstunde den Gräbern entstiegen. Mit dumpfer heiserer Stimme sangen sie die eintönigen Strophen des Requiems und wenn sie dazwischen schwiegen, vernahm man nur von außen her das ahnungsvolle Rauschen des Nachtwindes und die hohen Fenster der Kirche knisterten seltsam, als klopften die Geister der Verstorbenen an das Haus, in dem sie die fromme Totenklage vernahmen. Kreisler nahte sich bis an die Reihe der Mönche und erkannte in dem Toten den Adjutanten des Prinzen Hektor. —
Da regten sich die finstern Geister, die so oft Macht hatten über ihn, und griffen schonungslos mit scharfen Krallen in seine wunde Brust. —
«Neckender Spuk«, sprach er zu sich selbst,»treibst du mich her, damit jener erstarrte Jüngling bluten soll, weil man sagt, daß der Leichnam blute, wenn der Mörder sich nahe? – Hoho! weiß ich denn nicht, daß er all' sein Blut wegbluten mußte, in den schlimmen Tagen, als er seine Sünden abbüßte auf dem Siechbette? – Er hat keinen bösen Tropfen mehr übrig, mit dem er seinen Mörder vergiften könnte, käme er ihm auch in die Nähe, den Johannes Kreisler aber am wenigsten, denn der hat mit der Natter nichts zu schaffen, die er zu Boden trat, als sie schon die spitze Zunge ausgestreckt zur Todeswunde! – Schlage die Augen auf, Toter, damit ich dir fest ins Antlitz blicke, damit du gewährst, daß die Sünde keinen Teil hat an mir! – aber du vermagst es nicht! – Wer hieß dich das Leben einsetzen gegen das Leben? Warum spieltest du trügerisches Spiel mit dem Morde und du warst nicht gefaßt, es zu verlieren? – Aber deine Züge sind sanft und gut, du stiller blasser Jüngling, der Todesschmerz hat jede Spur verruchter Sünde weggelöscht von deinem schönen Antlitz, und ich könnte sagen, der Himmel hätte dir sein Gnadentor geöffnet, weil die Liebe in deiner Brust gewesen, wenn sich das jetzt ziemte. – Doch wie! – wenn ich mich in dir geirrt? – Wenn nicht du, kein böser Dämon, nein wenn mein guter Stern deinen Arm gegen mich erhoben, um mich dem entsetzlichen Verhängnis zu entreißen, das im schwarzen Hintergrunde auf mich lauert? – Nun magst du die Augen aufschlagen, blasser Jüngling, nun magst du mit einem Blick der Versöhnung alles, alles entdecken, und sollt ich untergehen in Wehmut um dich oder aus entsetzlicher furchtbarer Angst, daß der schwarze Schatten der hinter mir schleicht, mich nun gleich erfassen wird. Ja! schaue mich an, – doch! nein nein, du könntest mich anblicken wie Leonhart Etlinger, ich könnte glauben, du seist er selbst und da müßtest du mit mir hinab in die Tiefe, aus der ich oft seine hohle Geisterstimme vernehme. – Doch wie, du lächelst? – deine Wangen, deine Lippen färben sich? Trifft dich nicht die Waffe des Todes? – Nein, nicht noch einmal will ich mit dir ringen, aber – «
Kreisler, der während dieses Selbstgesprächs unbewußt auf einem Knie gelegen, beide Ellbogen auf das andere gestützt, und die Hände unter das Kinn gestemmt hatte, fuhr hastig auf, und würde gewiß Seltsames, Wildes begonnen haben; doch in demselben Augenblick schwiegen die Mönche und die Knaben auf dem Chor intonierten mit sanfter Begleitung der Orgel das» Salve Regina«. Der Sarg wurde verschlossen und die Mönche schritten feierlich von dannen. – Da ließen die finstern Geister ab von dem armen Johannes, und ganz aufgelöst in Wehmut und Schmerz folgte er mit gebeugtem Haupt den Mönchen. Eben wollte er hinausschreiten zur Türe, als sich in einem finstern Winkel eine Gestalt erhob und hastig auf ihn losschritt.
Die Mönche standen still, und der volle Schein ihrer Lichter fiel auf einen großen stämmigen Burschen, der etwa achtzehn bis zwanzig Jahre alt sein mochte. Sein Antlitz nichts weniger als häßlich zu nennen, trug den Ausdruck des wildesten Trotzes; die schwarzen Haare hingen ihm struppig um den Kopf, das zerrissene Wams von buntgestreifter Leinwand bedeckte kaum seine Blöße, und eben solche Schifferhosen gingen nur bis an die bloßen Waden, so daß der herkulische Bau seines Körpers völlig sichtbar.
«Du Verdammter, wer hieß dich meinen Bruder ermorden?«So schrie der Bursche wild auf, daß es in der Kirche widerhallte, sprang wie ein Tiger auf Kreisler los und packte ihn mit einem mörderischen Handgriff bei der Kehle.
Doch ehe Kreisler, ganz entsetzt über den unerwarteten Angriff, an Gegenwehr denken konnte, stand schon Pater Cyprianus bei ihm und sprach mit starker, gebietender Stimme:»Giuseppo, verruchter sündhafter Mensch! was machst Du hier? Wo hast du die Altmutter gelassen? – Packe Dich augenblicklich fort! – Hochehrwürdiger Herr Abt, laßt die Klosterknechte herbeirufen, sie sollen den mörderischen Buben zum Kloster hinauswerfen.«
Der Bursche hatte, sowie Cyprianus vor im stand, sogleich von Kreisler abgelassen.»Nun nun«, rief er mürrisch,»macht nur nicht gleich ein solch tolles Wesen davon, wenn man sein Recht behaupten will, Herr Heiliger! – Ich gehe ja schon von selbst, Ihr dürft keine Klosterknechte auf mich loshetzen.«– Damit sprang der Bursche schnell davon durch eine Pforte, die man zu verschließen vergessen und durch die er wahrscheinlich sich in die Kirche geschlichen hatte.