litbaza книги онлайнКлассикаЖитейские воззрения кота Мурра / Lebens-Ansichten des Katers Murr - Эрнст Теодор Амадей Гофман

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fühlte, oder vielmehr fühlen würde, die Rolle der Unsichtbaren zu spielen, und nur dann sprach mein Orakel. – Überdies war meiner Kleinen jene Rolle zum Bedürfnis geworden. Gewisse Umstände, die Ihr künftig erfahren sollt, brachten mich nach Sieghartsweiler. Es lag in meinem Plan, sehr geheimnisvoll aufzutreten. Ich bezog eine einsame Wohnung bei der Witwe des fürstlichen Mundkochs, durch die ich sehr bald das Gerücht von meinen wunderbaren Kunststücken an den Hof brachte. Was ich erwartet hatte, geschah. Der Fürst, ich meine den Vater des Fürsten Irenäus, suchte mich auf, und mein weissagende Chiara war die Zauberin, die, wie von überirdischer Kraft beseelt, ihm oft sein eigenes Inneres erschloß, so daß er manches, was ihm sonst verschleiert gewesen, jetzt klar durchschaute. Chiara, die mein Weib worden, wohnte bei einem mir vertrauten Mann in Sieghartshof, und kam zu mir im Dunkel der Nacht, so daß ihre Gegenwart ein Geheimnis blieb. Denn seht Kreisler, so versessen sind die Menschen auf Wunder, das, war auch das Kunststück mit dem unsichtbaren Mädchen nicht anders möglich, als durch die Mitwirkung eines menschlichen Wesens, sie doch das ganze Ding für eine dumme Fopperei geachtet haben würden, sobald sie erfuhren, daß das unsichtbare Mädchen von Fleisch und Bein. So wie denn in jener Stadt den Severino nach seinem Tode, alle Leute einen Betrüger schalten, da es herausgekommen, daß eine kleine Zigeunerin im Kabinett gesprochen, ohne die künstliche akustische Einrichtung die den Ton aus der Glaskugel kommen ließ, auch nur im mindesten zu beachten. – Der alte Fürst starb, ich hatte die Kunststücke, die Geheimniskrämerei mit meiner Chiara, herzlich satt, ich wollte mit meinem lieben Weibe hinziehen nach Göniönesmühl, und wieder Orgeln bauen. Da blieb eine Nacht Chiara, die zum letztenmal, die Rolle des unsichtbaren Mädchens spielen sollte, aus, ich mußte die Neugierigen unbefriedigt fortschicken. Mir schlug das Herz vor banger Ahnung. – Am Morgen lief ich nach Sieghartshof, Chiara war zur gewöhnlichen Stunde fortgegangen. – Nun Kerl! was schaust Du mich so an? ich hoffe, daß Du keine alberne Frage tun wirst! – Du weißt es ja – Chiara war spurlos verschwunden, nie – nie hab' ich sie wiedergesehen!«—

Meister Abraham sprang rasch auf, und stürzte ans Fenster. Ein tiefer Seufzer machte den Blutstropfen Luft, die aus der aufgerissenen Herzwunde quollen. Kreisler ehrte den tiefen Schmerz des Greises durch Schweigen.»Ihr könnet nun«, begann endlich Meister Abraham,»nicht mehr zurück nach der Stadt, Kapellmeister. Mitternacht ist heran, draußen, Ihr wißt es, hausen böse Doppelgänger, und allerlei anderes bedrohliches Zeug könnt' uns in den Kram pfuschen. Bleibt bei mir! Toll, ganz toll müßt es ja – «

(M. f. f.) aber sein, wenn dergleichen Unschicklichkeiten vorfielen an heiliger Stätte, – ich meine im Auditorio. – Es wird mir so enge, so beklommen um's Herz – ich vermag, von den erhabensten Gedanken durchströmt, nicht weiter zu schreiben – ich muß abbrechen, muß ein wenig spazieren gehen!

Ich kehre zurück an den Schreibtisch, mir ist besser – Aber wovon das Herz voll ist, davon geht der Mund über, und auch wohl der Federkiel des Dichters! – Ich hört' einmal den Meister Abraham erzählen, in einem alten Buche stände etwas von einem kuriosen Menschen, dem eine besondere Materia peccans im Leibe rumorte, die nicht anders abging, als durch die Finger. Er legte aber hübsches weißes Papier unter die Hand, und fing so alles, was nur von dem bösen rumorenden Wesen abgehen wollte, auf, und nannte diesen schnöden Abgang Gedichte, die er aus dem Innern geschaffen. Ich halte das Ganze für eine boshafte Satire, aber wahr ist es, zuweilen fährt mir ein eignes Gefühl, beinahe möcht' ich's geistiges Leibkneifen nennen, bis in die Pfoten, die alles hinschreiben müssen, was ich denke. – Eben jetzt geht's mir so – es kann mir Schaden tun, betörte Kater können in ihrer Verblendung böse werden, sogar mich ihre Krallen fühlen lassen, aber es muß heraus! —

Mein Meister hatte heute den ganzen Vormittag hindurch in einem schweinsledernen Quartanten gelesen, als er sich endlich zur gewöhnlichen Stunde entfernte, ließ er das Buch aufgeschlagen auf dem Tische liegen. Schnell sprang ich herauf, um neugierig, erpicht auf die Wissenschaften, wie ich nun einmal bin, zu erschnuppern, was das wohl für ein Buch sein könne, worin der Meister mit so vieler Anstrengung studiert. Es war das schöne herrliche Werk des alten Johannes Kunisperger, vom natürlichen Einfluß der Gestirne, Planeten und zwölf Zeichen. Ja wohl, mit Recht kann ich das Werk schön und herrlich nennen, denn, indem ich las, gingen mir da nicht die Wunder meines Seins, meines Wandelns hienieden, auf in voller Klarheit? – Ha! indem ich dieses schreibe, flammt über meinem Haupt das herrliche Gestirn, das in treuer Verwandtschaft in meine Seele herein, aus meiner Seele hinaus leuchtet – ja ich fühle den glühenden, sengenden Strahl des langgeschweiften Kometen auf meiner Stirne, – ja ich bin selbst der glänzende Schwanzstern, das himmlische Meteor, das in hoher Glorie prophetisch dräuend durch die Welt zieht. So wie der Komet alle Sterne überleuchtet, so verschwindet ihr – stell' ich nur nicht meine Gaben unter den Scheffel, sondern lasse mein Licht gehörig leuchten, und das dependiert ganz von mir – ja, so verschwindet ihr alle in finstre Nacht, ihr Kater, andere Tiere und Menschen! – Aber trotz der göttlichen Natur, die aus mir, dem geschwänzten Lichtgeist, herausstrahlt, teile ich doch nicht das Los aller Sterblichen? – Mein Herz ist gut, ich bin ein zu empfindsamer Kater, möchte mich gern gemütlich anschließen den Schwächern, und gerate darüber in Trauer und Herzeleid. – Denn muß ich nicht überall gewahren, daß ich allein stehe, wie in der tiefsten Einöde, da ich nicht dem jetzigen Zeitalter, nein einem künftigen der höhern Ausbildung angehöre, da es keine einzige Seele gibt, die mich gehörig zu bewundern versteht? Und es macht mir doch so viel Freude, wenn ich tüchtig bewundert werde, selbst das Lob junger, gemeiner, ungebildeter Kater tut mir unbeschreiblich wohl. Ich weiß sie vor Erstaunen außer sich zu setzen, aber was hilft's, sie können doch, bei aller Anstrengung, nicht den rechten Lobposaunenton treffen, schreien sie auch noch so sehr, Mau – Mau! – An die Nachwelt muß ich

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