litbaza книги онлайнКлассикаЖитейские воззрения кота Мурра / Lebens-Ansichten des Katers Murr - Эрнст Теодор Амадей Гофман

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selbst zur deutlichen Erkenntnis bringen. Darf ich zu Ihnen, mein Johannes! denn von den aberwitzigen Vorurteilen sprechen, die man in der Welt gegen das Klosterleben hegt? – Immer muß den Mönch irgendein ungeheures Schicksal in die Klause getrieben haben, wo er aller Lust der Welt entsagend unter beständiger Qual ein trostloses Leben vertrauert. So wäre das Kloster der finstre Kerker, wo die trostloste Trauer um ewig verlornes Gut, die Verzweiflung, der Wahnsinn erfinderischer Selbstqual sich eingesperrt, wo abgehärmte bleiche Todesgestalten ein elendes Dasein hinschleppten und ihre herzzermalmende Angst aushauchten in dumpf murmelnden Gebeten!«

Kreisler konnte sich nicht eines Lächelns erwehren, denn er gedachte, als der Abt von abgehärmten bleichen Todesgestalten sprach, so manches wohlgenährten Benediktiners und vorzüglich des wackern rotwangigten Hilarius, der keine größere Qual kannte, als Wein zu trinken von schlechtem Gewächs und nur die Angst, die ihm eine neue Partitur verursachte, welche er nicht gleich verstand.

«Sie belächeln«, sprach der Abt weiter,»den Kontrast des Bildes, das ich aufstellte mit dem Klosterleben, wie Sie es hier kennen gelernt, und haben gewiß Ursache dazu. – Mag es auch sein, daß mancher zerrissen von irdischem Leid, alles Glück, alles Heil der Welt für immer aufgebend, in das Kloster flieht, wohl ihm dann, daß die Kirche ihn aufnimmt und er in ihrem Schoß einen Frieden findet, der allein ihn über alles erlittene Ungemach trösten und ihn erheben kann über das verderbliche Geschick im weltlichen Treiben. Aber wie viele gibt es, die der wahre innere Hang zum andächtigen kontemplativen Leben in das Kloster führt, die ungefügig in der Welt, jeden Augenblick verstört durch das Andringen aller kleinlichen Verhältnisse, wie sie sich nun einmal im Leben erzeugen, nur in selbstgewählter Einsamkeit sich wohl befinden. Dann gibt es aber andere, die ohne entschiedenen Hang zum klösterlichen Leben doch nirgends anders hingehören, als eigentlich ins Kloster. – Ich meine diejenigen, die Fremdlinge in der Welt sind und bleiben, weil sie einem höheren Sein angehören und die Ansprüche dieses höheren Seins für die Bedingung des Lebens halten, so aber rastlos das verfolgend, was hienieden nicht zu finden, ewig dürstend in nie zu befriedigender Sehnsucht, hin und her schwanken und vergeblich Ruhe suchen und Frieden, deren offne Brust jeder abgeschossene Pfeil trifft, für deren Wunden es keinen Balsam gibt, als die bittre Verhöhnung des stets wider sie bewaffneten Feindes. Nur die Einsamkeit, ein einförmiges Leben ohne feindliche Unterbrechung und vor allem das stete freie Aufschauen zur Lichtwelt, der sie angehören, kann das Gleichgewicht herstellen und sie im Innern eine überirdische Zufriedenheit fühlen lassen, die in dem wirren Treiben der Welt nicht zu erringen. – Und Sie – Sie mein Johannes gehören zu diesen Menschen, die die ewige Macht im Druck des Irdischen hoch erhebt zum Himmlischen. Das rege Gefühl des höhern Seins, das Sie ewig mit dem schalen irdischen Treiben entzweien wird, entzweien muß, strahlt mächtig heraus in der Kunst, die einer andern Welt gehört und die, ein heiliges Geheimnis der himmlischen Liebe, mit Sehnsucht in ihrer Brust verschlossen. Die glühendste Andacht selbst in diese Kunst und ihr ganz ergeben haben Sie nichts mehr gemein mit einer buntscheckigen Welttändelei, die Sie von sich werfen mit Verachtung, wie der zum Jüngling gereifte Knabe das abgenutzte Spielzeug. – Entfliehen Sie für immer den aberwitzigen Neckereien hohnlächelnder Toren, die Sie, mein armer Johannes, oft gequält haben bis auf's Blut! – Der Freund breitet die Arme aus Sie zu empfangen, Sie einzuführen in den sichern Port, den kein Gewittersturm bedroht!«—

«Tief«, sprach mein Johannes, da der Abt schwieg, ernst und düster,»tief fühle ich die Wahrheit ihrer Worte, mein ehrwürdiger Freund! tief, daß ich wirklich nicht in eine Welt tauge, die sich mir gestaltet wie ein ewiges rätselhaftes Mißverständnis. Und doch – ich gestehe es frei, erregt mir der Gedanke Schauer, auf Kosten so mancher Überzeugung, die ich mit der Muttermilch eingesogen, dies Kleid zu tragen, wie einen Kerker, aus dem ich nimmer wieder heraus kann. Es ist mir, als wenn dem Mönch Johannes dieselbe Welt, in der der Kapellmeister Johannes doch so manches hübsche Gärtlein voll duftender Blumen fand, plötzlich eine öde unwirtbare Wüste sein würde, als wenn einmal in das rege Leben verflochten, die Entsagung – «

«Entsagung?«– unterbrach der Abt den Kapellmeister mit erhöhter Stimme.»Gibt es für Dich, Johannes, eine Entsagung, wenn der Geist der Kunst immer mächtiger wird in Dir, wenn Du mit starkem Fittich Dich erhebst in die leuchtenden Wolken? – Welche Lust des Lebens gibt es denn noch, die Dich betören könnte? – Doch«(so fuhr der Abt mit sanfterer Stimme fort)»wohl hat die ewige Macht ein Gefühl in unsere Brust gelegt, das mit unbesiegbarer Gewalt unser ganzes Wesen erschüttert; es ist das geheimnisvolle Band, das Geist und Körper verbindet, indem jener nach dem höchsten Ideal einer chimärischen Glückseligkeit zu streben vermeint und doch nur will, was dieser als notwendiges Bedürfnis in Anspruch nimmt, und so eine Wechselwirkung entsteht, die in der Fortexistenz des menschlichen Geschlechts bedingt ist. – Nicht hinzufügen darf ich, daß ich von der Geschlechtsliebe spreche und daß ich es allerdings für nichts Geringes achte, ihr ganz zu entsagen. – Doch Johannes! wenn Du entsagst, so rettest Du Dich vom Verderben; niemals, niemals kannst Du, wirst Du des eingebildeten Glücks der irdischen Liebe teilhaftig werden.«

Der Abt sprach die letzten Worte so feierlich, mit solcher Salbung, als läge das Buch des Schicksals offen vor ihm und er verkündige daraus dem armen Kreisler alles bedrohliche Leid, dem zu entgehen, er sich hineinretten müsse ins Kloster.

Da begann aber auf Kreislers Antlitz jenes seltsame Muskelspiel, das den Geist der Ironie zu verkünden pflegte, der seiner mächtig worden.»Hoho«, sprach er,»hoho! Ew. Hochehrwürden haben unrecht, haben durchaus unrecht. Ew. Hochwürden irren sich in meiner Person, werden konfuse durch das Gewand, das ich angelegt, um en masque einige Zeit hindurch die Leute zu foppen und selbst unerkannt, ihnen ihre Namen in die Hand zu schreiben, damit sie wissen, woran sie sind! – Bin ich denn nicht ein passabler Mensch, noch in den besten Jahren, von leidlich hübschem Ansehn und sattsam gebildet und artig? – Kann

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