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Aus der Ferne vernahm ich den Gesang einer kräftigen Männerstimme, der sich immer mehr und mehr näherte. Bald gewahrte ich denn auch einen Benediktiner Geistlichen, der, auf dem Fußsteig unterwärts fortwandelnd, einen lateinischen Hymnus sang. Nicht weit von meinem Platze stand er still, hielt inne mit dem Singen und schaute, indem er den breiten Reisehut vom Kopfe nahm und sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirne trocknete, in der Gegend umher, dann verschwand er ins Gebüsch. Mir kam die Lust an, mich zu ihm zu gesellen, der Mann war mehr als wohlgenährt, die Sonne brannte stärker und stärker, und so konnt' ich wohl denken, daß er ein Ruheplätzchen gesucht haben würde im Schatten. Ich hatte mich nicht geirrt, denn in das Gebüsch tretend, erblickte ich den ehrwürdigen Herrn, der sich auf einen dickbemoosten Stein niedergelassen hatte. Ein höheres Felsstück dicht daneben diente ihm zum Tisch; – er hatte ein weißes Tuch darüber ausgebreitet, und holte eben aus dem Reisesack Brot und gebratenes Geflügel hervor, das er mit vielem Appetit zu bearbeiten begann: ›Sed praeter omnia bibendum quid‹, so rief er sich selbst zu und schenkte aus einer Korbflasche Wein ein in den kleinen, silbernen Becher, den er aus der Tasche hervorgezogen. Eben wollte er trinken, als ich mit einem ›Gelobt sei Jesus Christ‹ zu ihm hintrat. Mit dem Becher an den Lippen, schaute er auf, und ich erkannte im Augenblick meinen alten, gemütlichen Freund aus der Benediktiner-Abtei zu Kanzheim, den ehrlichen Pater und Präfectus Chori Hilarius. ›In Ewigkeit!‹ stammelte Pater Hilarius, indem er mich mit weit aufgerissenen Augen starr anblickte. Ich dachte sogleich an meinen Kopfputz, der mir vielleicht ein fremdes Ansehen geben mochte und begann: O, mein sehr geliebter, würdiger Freund Hilarius, haltet mich nicht für einen verlaufenen, vagabondierenden Hindus, auch nicht für ein auf den Kopf gefallenes Landeskind, da ich doch nun einmal nichts anderes bin und sein will, als Euer Intimus, der Kapellmeister Johannes Kreisler!‹ —
›Beim heiligen Benedikt‹, rief Pater Hilarius freudig, ›ich hatte Euch gleich erkannt, herrlicher Kompositor und angenehmer Freund, aber per diem sagt mir, wo kommt Ihr her, was ist Euch geschehen, Euch, den ich mir in floribus dachte am Hofe des Großherzogs?‹
Ich nahm gar keinen Anstand, dem Pater kürzlich alles zu erzählen, was sich mit mir begeben und wie ich genötigt gewesen, dem, dem es beliebt nach mir, wie nach einem aufgesteckten Ziel, Probeschüsse zu tun, meinen Stockdegen in den Leib zu stoßen und wie besagter Zielschießer wahrscheinlich ein italienischer Prinz gewesen, der Hektor geheißen, wie mancher würdige Pirschhund. – ›Was nun beginnen, zurückkehren nach Sieghartsweiler, oder – ratet mir, Pater Hilarius!‹
So schloß ich meine Erzählung. – Pater Hilarius, der manches – ›Hm! – so! – ei! – heiliger Benedikt‹ – dazwischen geworfen, sah jetzt vor sich nieder, murmelte: ›Bibamus!‹ und leerte den silbernen Becher auf einen Zug.
Dann rief er lachend: ›In der Tat, Kapellmeister, der beste Rat, den ich Euch fürs erste erteilen kann, ist, daß Ihr Euch fein zu mir hersetzt und mit mir frühstückt. Ich kann Euch diese Feldhühner empfehlen, erst gestern schoß sie unser ehrwürdiger Bruder Macarius, der, wie Ihr Euch wohl erinnert, alles trifft, nur nicht die Noten in den Responsorien, und wenn Ihr den Kräuteressig vorschmeckt, mit dem sie angefeuchtet, so verdankt Ihr das der Sorgfalt des Bruders Eusebius der sie selbst gebraten mir zuliebe. Was aber den Wein betrifft, so ist er wert, die Zunge eines landflüchtigen Kapellmeisters zu netzen. Echter Bocksbeutel, carissime Johannes, echter Bocksbeutel aus dem St. Johannis-Hospital zu Würzburg, den wir, unwürdige Diener des Herrn, erhalten in bester Qualität. – Ergo bibamus!‹
Damit schenkte er den Becher voll und reichte ihn mir hin. – Ich ließ mich nicht nötigen, ich trank und aß, wie einer, der solcher Stärkung bedarf.
Pater Hilarius hatte den anmutigsten Platz gewählt, um sein Frühstück einzunehmen. Ein dichtes Birkengebüsch beschattete den blumigten Rasen des Bodens, und der kristallhelle Waldbach, der über hervorragendes Gestein plätscherte, vermehrte noch die erfrischende Kühle. Die einsiedlerische Heimlichkeit des Orts erfüllte mich mit Wohlbehagen und Ruhe, und während Pater Hilarius mir von allem erzählte, was sich seit der Zeit in der Abtei begeben, wobei er nicht vergaß, seine gewöhnlichen Schwänke und sein hübsches Küchenlatein einzumischen, horchte ich auf die Stimmen des Waldes, der Gewässer, die zu mir sprachen in tröstenden Melodien.
Pater Hilarius mochte mein Schweigen der bittern Sorge zuschreiben, die mir das Geschehene verursachte.
›Seid guten Muts, Kapellmeister!‹ begann er, indem er mir den aufs Neue gefüllten Becher hinreichte, ›Ihr habt Blut vergossen, das ist wahr, und Blutvergießen ist Sünde, doch distinguendum est inter et inter. – Jedem ist sein Leben das Liebste, er hat es nur einmal. Ihr habt das Eurige verteidigt, und das verbietet die Kirche keinesweges, wie sattsam zu erweisen, und weder unser hochwürdiger Herr Abt, noch irgendein anderer Diener des Herrn, wird Euch die Absolution versagen, seid Ihr auch unversehens in fürstliche Eingeweide gefahren. – Ergo bibamus! Vir sapiens non te abhorrebit Domine! – Aber teuerster Kreisler, kehrt Ihr zurück nach Sieghartsweiler, so wird man Euch garstig befragen über das cur, quomodo, quando, ubi und wollt Ihr den Prinzen des mörderischen Angriffs zeihen, wird man Euch glauben? Ibi iacet lepus in pipere! – Aber seht, Kapellmeister, wie – doch, bibendum quid!‹ – Er leerte den vollgeschenkten Becher und fuhr dann fort: ›Ja seht, Kapellmeister, wie der gute Rat kommt mit dem Bocksbeutel. – Erfahrt, daß ich mich eben zum Kloster Allerheiligen begeben wollte, um mir von dem dortigen Präfektus Chori Musik zu holen zu den nächsten Festen. Ich habe die Kasten schon zwei-, dreimal